(11.07.2025) Bei vielen Krebspatienten ist es nach neuesten Erkenntnissen besser, den Prostatakrebs „aktiv“ zu überwachen, als gleich zu Skalpell oder Strahlentherapie zu greifen. Das Operationsrisiko und die Nebenwirkungen einer Strahlentherapie stehen oft in keinem Verhältnis zum Behandlungserfolg. Eine fokale Therapie, die in der Regel auch und gerade für Risikopatienten sehr schonend abläuft, kann hier einen Mittelweg darstellen. Davon sind die Urologen der Heidelberger Klinik für Prostata-Therapie überzeugt.
Jedes Jahr werden in Deutschland nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts 63.400 neue Fälle einer Prostatakrebs-Erkrankung festgestellt. Doch nur die wenigsten Krebserkrankungen führen tatsächlich auch zum Tod durch Prostatakrebs. Nach einer jüngst veröffentlichten Studie lebten 15 Jahre nach der ersten Krebsdiagnose noch über 97 % aller Männer. Mit anderen Worten: Nur 2,7 Prozent der Patienten waren nach dieser Zeit tatsächlich an ihrem Prostatakrebs verstorben. Allerdings, so muss man einschränken, kommt es immer auf die Aggressivität eines Tumors an. Hat der Urologe eine solche Tumor-Aggressivität festgestellt, oder hat er die Erkenntnis gewonnen, dass der Krebs nur wenig aggressiv ist, hat das entscheidenden Einfluss darauf, welche Therapie wirklich sinnvoll ist. Eine aktuelle Studie kommt da zu einem überraschenden Ergebnis.
In der sogenannten ProtecT-Studie (,The Prostate Testing for Cancer and Treatment’) wurden 1642 Männer über viele Jahre beobachtet, die einen sehr eng begrenzten Tumor und eine Lebenserwartung von mindestens zehn Jahren hatten. Rund 77 % der Männer hatten einen sogenannten Gleason-Score von 6, also einen Tumor, den Mediziner als „gut differenziert“ einstuften. Nur knapp zehn Prozent trugen ein hohes Krebsrisiko in sich.
Die Patienten wurden in drei etwa gleich große Gruppen eingeteilt: Eine wurde einer klassischen Operation mit einer Entfernung der Prostata unterzogen („radikale Prostatektomie“), die zweite Gruppe erhielt eine Strahlentherapie und die dritte Gruppe wurde „aktiv überwacht“. Unter dieser „Active Surveillance“ (AS) oder dem „Active Monitoring“ (AM) verstehen Mediziner die regelmäßige Überwachung eines Patienten auf seinen PSA-Wert. Dieses prostataspezifische Antigen (PSA) wird im Blut gemessen und gibt mit hoher Zuverlässigkeit Auskunft darüber, ob ein Tumor vorliegt oder nicht. Ein Anstieg des PSA-Wertes kann – zusammen mit einem bildgebenden Verfahren wie dem MRT und einer Gewebeentnahme (Biopsie) – den Urologen helfen, Tumorveränderungen frühzeitig zu erkennen.
Eine der Kernaussagen der ProtecT-Studie war neben dem für alle Beteiligten niedrigen Risiko, tatsächlich an Prostatakrebs zu sterben, die Tatsache, dass dieses Risiko in allen drei Gruppen ungefähr gleich war. Allerdings zeigten die Strahlentherapie und auch die Prostatektomie die üblichen Nebenwirkungen wie Harninkontinenz und Impotenz, vor allem auch eine Darminkontinenz nach der Strahlenbehandlung.
In Medizinerkreisen wird inzwischen von einer „Übertherapie“ vor allem bei den „Low-risk“-Patienten gesprochen. Diese sollten vorrangig aktiv überwacht werden und erst dann einer invasiven Therapie unterzogen werden sollten, wenn der Krebs fortschreitet.
Dieser Meinung ist auch der Heidelberger Spezialist Dr. Thomas Dill, der zusammen mit Dr. Martin Löhr die Heidelberger Klinik für Prostata-Therapie leitet. Die beiden Urologen haben sich auf schonende Diagnosen und Therapien spezialisiert. Zu diesen schonenden Therapien gehört das Spektrum an fokalen, also zielgerichteten Behandlungen, die einen Tumor, wenn er wenig aggressiv und gut lokalisierbar ist, ins Visier nehmen. Das kann mit Ultraschall nach der HIFU-Sonablate 500-Methode erfolgen oder mit kurzen Spannungsimpulsen nach der irreversiblen Elektroporationsmetheode (IRE) oder auch mit der Photodynamischen Therapie (PDT).
„Wir sind der Meinung, und das deckt sich mit den Erkenntnissen der ProtecT-Studie, dass die aktive Überwachung von Tumorpatienten auch auf Fälle mit mittel-aggressiven Tumoren ausgeweitet werden sollte“, erklärt Thomas Dill. Eine radikale Entfernung der Prostata sei eine Überbehandlung. „Wir favorisieren fokale Therapien, um so dem Progressionsrisiko eines Tumors Rechnung zu tragen, ohne die schwerwiegenden Folgen einer radikalen Operation in Kauf nehmen zu müssen.“
Prostatakrebs ist zwar häufig, aber lange nicht so gefährlich, wie allgemein behauptet. Die beiden Heidelberger Urologen sind sich da ganz sicher: „Es sind bei neu diagnostizierten Tumoren längst nicht so viele Komplett-Entfernungen der Prostata notwendig, wie immer propagiert wird!“ Die meisten Patienten könnten sich für minimal-invasive oder nicht-invasive Krebsbehandlungen entscheiden. „Mit einer aktiven Überwachung oder einer fokalen Therapie haben die Krebspatienten die gleichen Prognosen und Überlebenschancen wie Patienten, deren Prostata mittels Prostatektomie entfernt wurde – allerdings ohne die üblichen Nebenwirkungen, die die Lebensqualität so massiv einschränken.“ Allerdings nur, so schränken die Prostata-Spezialisten ein, wenn es sich um einen weniger aggressiven Tumor handelt.
Klinik für Prostata-Therapie
Bergheimer Straße 56a
69115 Heidelberg
Telefon 06221 65085-0
info(at)prostata-therapie(dot)de
www.prostata-therapie.de
Geschäftsführer und inhaltliche Verantwortung:
Dr. Thomas Dill und Dr. Martin Löhr