Yvonne Dehner und Dr. Martin Löhr im Gespräch

Photodynamische Therapie bei Prostatakrebs

Die Photodynamische Therapie (PDT) ist eine Form der Krebstherapie unter Verwendung von Licht. Mit ihrer Hilfe lassen sich bösartige Tumore diagnostizieren und sehr gezielt und fokal behandeln. Sie hat sich bereits bei vielen Krebsformen bewährt – wie bei Hautkrebs, Blasen-, Lungen- und Gallengangskarzinomen und wird neuerdings auch bei Prostata-Krebs eingesetzt.

Photosensitives Chlorin E6 bekämpft einzelne Tumorzellen

Die Photodynamische Therapie (PDT) wurde bislang bei vielen verschiedenen Krebsformen eingesetzt – aber noch nicht bei Prostatakrebs. An der Heidelberger Klinik für Prostata-Therapie wird die Photodynamische Therapie weltweit erstmals mit einer besonderen, im Technologiepark Heidelberg auf dem Unicampus hergestellten photoaktiven Substanz, dem Chlorin E6, angewendet. Die Heidelberger Klinik für Prostata-Therapie hat ein Verfahren entwickelt, die Photodynamische Therapie auch für diese häufige Erkrankung zu nutzen.

Die Wirkung photoaktiver Substanzen

Chlorin E6 Trinatriumsalz, oder kurz Ce6, ist ein sogenannter Photosensibilisator, der sich speziell in Tumorgewebe anreichert. Das grüne Porphyrin wird aus Pflanzenmaterial von der Synverdis GmbH (www.synverdis.de) nach den Richtlinien der pharmazeutischen Industrie unter GMP-Bedingungen hergestellt (englisch Good Manufacturing Practice).
Die Substanz wurde bereits erfolgreich in einer klinischen Studie der Phase IIb für die Therapie des zentralen Bronchialkarzinoms getestet. In den vorliegenden Untersuchungen und Erfahrungen in Rahmen von Heilversuchen zeigte Chlorin keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Es besitzt, wie man sagt, keinerlei Dunkeltoxizität.
Der Wirkstoff Chlorin E6 wird von der Synverdis GmbH in einer Produktionsanlage im Heidelberger Technologiepark produziert und dannals Rezeptur individuell für jeden Patienten hergestellt.
Weltweit sind rund ein halbes Dutzend verschiedene Photosensitizer, also photosensible Substanzen, bei verschiedenen Krebstherapien im Einsatz.
Das Prinzip der PDT ist am weitesten in der Dermatologie etabliert. Hier wird die photoaktive Substanz in der Regel in Form von Salben äußerlich auf die Haut aufgebracht. Dann wird die betroffene Stelle von außen mit besonderem Laserlicht bestrahlt.

Kampf gegen die Tumorzellen

Dem Patienten wird ein Medikament mit der photoaktiven Substanz, Chlorin E6, als Kurzinfusion injiziert. Diese Substanz reichert sich in Tumorgeweben 20-fach stärker an als in gesunden Zellen.
Erreicht nun monochromatisches Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge (hier rotes Licht mit einer Wellenlänge von 665 Nanometer) das Chlorin E6 in den Tumorzellen, wird die Energie des Laserlichtes auf den Photosensitizer Chlorin E6 übertragen. Diese absorbierte Energie wird an die umliegenden Sauerstoffmoleküle abgegeben, wobei sogenannter Singulett-Sauerstoff (1O2) entsteht. Dieses Sauerstoff-Molekül ist hoch reaktiv und reagiert mit allen biologischen Bestandteilen in der Tumorzelle wie Zellkern, Mitochondrien und Zellmembran. Die Tumorzelle verliert ihre Struktur und stirbt ab – ähnlich wie bei einer Chemotherapie, nur eben hoch selektiv.
Umgebende Zellen ohne Ce6 in direkter Nachbarschaft bleiben von dem roten Laserlicht weitgehend unbeeinflusst, da das Laserlicht nur in Kombination mit der lichtaktiven Substanz seine Wirkung entfalten kann.
Abhängig von der Tumorsituation werden die Laserfasern ultraschallgesteuert über den Damm in der Prostataregion positioniert oder das Tumorgewebe wird mittels einer Blasenspiegelung erreicht, da das Laserlicht eine Eindringtiefe von ca. 2 cm hat. Beide Formen der Eingriffe erfolgen in einer Kurznarkose.

Photodynamische Therapie als fokale Therapie

Die Photodynamische Therapie gilt als fokale Therapie, also eine Therapie, die nicht ein komplettes Organ behandelt, sondern sich möglichst gezielt auf den Tumor beschränkt. Zu diesen Therapien gehört auch die HIFU-Methode mit dem Sonablate 500 oder auch das Verfahren der Irreversiblen Elektroporation (IRE) mit dem NanoKnife.
Daneben gibt es auch noch das sogenannte Tookad-Verfahren, das an einigen Kliniken bereits eingesetzt wird. Allerdings führt der dort eingesetzte Photosensitizer nicht zu einer besonders hohen Anreicherung in den Tumorzellen. Die Bestrahlung mit Laserlicht führt zu einem Verschluss der zuführenden Tumorgefäße. Nicht die einzelne Tumorzelle wird so zum Absterben gebracht, sondern ein Teil der Prostata.
Die PDT mittels Chlorin E6 greift dagegen die einzelne Tumorzelle an und nur diese. Das benachbarte, gesunde Gewebe bleibt weitgehend unberührt.
Damit eröffnen sich ganz neue Behandlungsmöglichkeiten. Beispielsweise konnte in bestimmten Fällen, bei denen der Blasen-Schließmuskel von Tumorzellen befallen war, die Funktion dieses Schließmuskelt erhalten werden, weil nur die Tumorzellen abgetötet wurden und nicht die für die Funktion notwendigen Muskelzellen.

Geringe Nebenwirkungen

Im Gegensatz zu operativen, chemo- oder strahlentherapeutischen Verfahren stellt die PDT die deutlich geringere Belastung für den Patienten dar. Ferner ist die grundsätzliche Wirksamkeit der PDT schon länger für bestimmte Hauttumoren untersucht und der Erfolg der Methode belegt.
Die Klinik für Prostata-Therapie in Heidelberg hat mit der Prostata-Krebsbehandlung mittels PDT und Chlorin E6 bislang weltweit ein Alleinstellungsmerkmal. Langjährige Studien über den langzeitlichen Verlauf einer Krebserkrankung nach einer PDT der Prostata liegen aber noch nicht vor. Daher eignet sich das neue Verfahren vor allem für Patienten, die im schulmedizinischen Sinne als „austherapiert“ gelten oder für Patienten, die herkömmlichen Therapien ablehnen.
So besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass es bei einem wachsenden Tumor zu einer Verlangsamung oder gar zu einem vorübergehenden Stillstand des Wachstums kommt.
Die klinische Erforschung und Entwicklung, bis eine Wirksubstanz seine offizielle Zulassung bekommt, dauert viele Jahre. Aus diesem Grund ist das Verfahren noch nicht von den Krankenkassen anerkannt und wird als Privatleistung abgerechnet.
Für die Behandlung des Bronchialkarzinoms ist für C E6 bereits eine kontrollierte klinische Zulassungsstudie abgeschlossen. Aufgrund dieser Studie und weiterer Anwendungserfahrungen ist bekannt, dass die Nebenwirkungen durch die Substanz gering sind. Studien zur Behandlung des Prostatakarzinoms werden folgen.

HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN ZUM THEMA PHOTODYNAMISCHE THERAPIE (PDT)

Was ist Chlorin E6?

Chlorin E6 Trinatriumsalz, oder kurz Ce6, gehört zur Gruppe sogenannter Photosensibilisatoren, die sich insbesondere in Tumorzellen anreichern. Dort erfüllt Chlorin E6 zwei Funktionen: Es markiert Tumorzellen und wirkt gleichzeitig gegen Tumorzellen.

Wie wirken Photosensibilisatoren?

In der Dermatologie werden Photosensibilisatoren in Form von Salben äußerlich auf die Stellen der Haut aufgetragen, die mit Hautkrebs befallen sind. Nach der Bestrahlung mit Laserlicht sterben diese Tumorzellen dann ab.

Wie wirkt die Photodynamische Therapie bei Prostatakrebs?

Dem Patienten wird die photoaktive Substanz Chlorin E6 injiziert. Chlorin E6 reichert sich in Tumorgeweben 20-fach stärker an als in gesunden Zellen. Dann wird die Prostata mit rotem Laserlicht beleuchtet, wodurch im Tumor eine photochemische Reaktion ausgelöst wird. Dabei entsteht eine besondere Form des Sauerstoffs, der die Tumorzelle soweit schädigt, dass diese abstirbt.

Bei welchen Krebsformen wird die Photodynamische Therapie eingesetzt?

Die Photodynamische Therapie, abgekürzt PDT, wird schon seit längerem bei Hautkrebs, Blasen-, Lungen- und Gallengangskarzinomen sowie bei Brustkrebs und Gehirntumoren eingesetzt. Neuerdings kommt die PDT auch bei Prostatakrebs zur Anwendung – unter Einsatz der photoaktiven Substanz Chlorin E6.

Gibt es Nebenwirkungen bei der Photodynamische Therapie?

Die Nebenwirkungen sind im Vergleich zu operativen Methoden, zur Chemo- oder Strahlentherapie deutlich geringer.

Gibt es in der Medizin vergleichbare Behandlungsmethoden?

Die Photodynamische Therapie ist eine fokale, also zielgerichtete Methode, mit der nur ein Teil der Prostata, aber der gesamte Tumor behandelt wird. Weitere fokale Therapien sind die HIFU-Methode mit hochfokussiertem Ultraschall und die Irreversible Elektroporation (IRE) mit kurzen Strom- und Spannungsimpulsen.

Für welchen Prostatakrebs-Patienten ist die Photodynamische Therapie besonders geeignet?

Das Verfahren eignet sich besonders für Patienten, die im schulmedizinischen Sinne als „austherapiert“ gelten oder für Patienten, die herkömmlichen Therapien ablehnen. Auch bei Patienten, die eventuell schon eine Voroperation oder eine Bestrahlung hatten oder deren Prostata schon entfernt wurde, kommt die PDT mit Chlorin E6 in Frage.